Lebens-Liebes-Kunst und die Befreiung der Geschlechter 

Texte zur solidarischen Emanzipation von Frauen und Männern

von Helene Stöcker und Robert Josef Kozljanič

Der erste Teil des Buches trägt den Titel "Helene Stöcker: Unsere Umwertung der Werte. Feministische Lebens-Liebes-Kunst". Darin sind die thematisch einschlägigsten Texte von Stöcker enthalten. Texte wie "Unsere Umwertung der Werte" (1897),  "Die Männerbewegung" (1897), "Weibliche Erotik" (1903), "Die Liebe der Zukunft" (1904 / 1920), "Zur Reform der sexuellen Ethik" (1905),  "Mutterschutz und Pazifismus!" (1919), "An unsere Freunde und Leser" (1932).  In diesen Texten zur Frage der Emanzipation der Frauen und Männer geht es um eine feministische Umwertung der Werte. Mit dieser Wendung, „Umwertung der Werte“, zitiert  Stöcker natürlich Nietzsche – und zeigt sich als eine der ersten bedeutenden Nietzsche-Interpretinnen; und als die wohl erste Linksnietzscheanerin. Was aber wichtiger erscheint, ist, dass sie von dieser Position aus ganz eigene und gewichtige Fragen stellt: Fragen, die – freier und lebensnäher als zuvor – weibliche Lebensphilosophie, weibliche Liebeskunst und weibliche Selbstbestimmung in den Mittelpunkt rücken; Fragen, die auch die Männer betreffen, sie zur eigenständigen und solidarischen Emanzipation auffordern; Fragen, die erstmals ein ganz neues geschlechtersolidarisches und in diesem Sinne ‚vollmenschliches’, weiblich-männlich-dialogisches Lebensphilosophieren ermöglichen.

Der zweite Teil des Buches trägt den Titel "Robert Josef Kozljanič: Lebens-Liebes-Kunst. Eine geschlechtersolidarische Philosophie der Zukunft". In diesem Teil würdigt Kozljanič Helene Stöcker als eine große, aber fast vergessene Lebensphilosophin, Frauenrechtlerin und Lebenskünstlerin. Er zeichnet ihre geniale Lebens-Liebes-Kunst nach, konfrontiert und aktualisiert sie mit den Einsichten weiterer feministischer Lebensdenkerinnen: Carola Meier-Seethaler, Ute Gahlings, Annegret Stopczyk-Pfundstein. Die Kapitel im Einzelnen: "Stöckers feministische Philosophie und Lebens-Liebes-Kunst", "Stöcker und das Problem der sozialdarwinistischen Eugenik ", "Stöckers und Meier-Seethalers Ideal des emanzipierten Mannes", "Ute Gahlings’ Phänomenologie der weiblichen Leiberfahrungen", "Kritik der phallogozentrischen Philosophiegeschichtsschreibung ", "Skizze eines geschlechtersolidarischen Lebensphilosophierens" "'Sophia': Annegret Stopczyk-Pfundsteins leibphilosophische Herzensweisheit",  "'Ordnung des Herzens' und 'emotionale Vernunft': Von Blaise Pascal zu Carola Meier-Seethaler". Das letzte Kapitel lautet "Kopf-Herz-Bauch-Phänomenologie und die Schlüsselrolle der Herzgefühle in der Lebens-Liebes-Kunst". Hier aber ebenso im Kapitel  "Skizze eines geschlechtersolidarischen Lebensphilosophierens" – versucht Kozljanič, eine erste zukunftsweisende Summe zu ziehen. 

Helene Stöcker (13.11.1869 in Elberfeld/Wuppertal 24.2.1943 in New York) war nicht nur eine der ersten promovierten Philosophinnen Deutschlands, nicht nur eine große Gestalt der frühen Frauenbewegung, nicht nur demokratische Sexual- und Lebensreformerin, nicht nur überzeugte Pazifistin – sie war auch die erste Linksnietzscheanerin. Wie sie in ihren erst 2015 postum erschienen „Lebenserinnerungen“ schrieb, sei „Nietzsche und der Sozialismus“ ihr Motto gewesen. Der Lebens-Begriff und der soziale Gedanke bilden das Kernstück ihrer feministischen Philosophie der Liebe und Selbstbestimmung. Sie ist eine Lebensphilosophin, die Philosophie nicht nur vereinseitigt als akademische Disziplin und Wissenschaft, sondern ganzheitlich als Lebensweisheit, Lebenspolitik und Lebenskunst praktizierte. Stöcker kam in diesem Sinne dem Ideal eines geschlechtersolidarischen Lebensphilosophierens bisher wohl am nächsten. Sie (mit)gründete und leitete ab 1905 den „Bund für Mutterschutz und Sexualreform“, der sich für unverheiratete Mütter und deren Kinder einsetzte. Auch gab sie als dessen Publikationsorgan bis zu ihrer Emigration 1933 die Zeitschrift „Die Neue Generation“ heraus. In dieser Zeitschrift erschienen Beiträge namhafter Persönlichkeiten. Zu nennen wären etwa Lou Andreas-Salomé, Iwan Bloch, Sigmund Freud, Ernst Haeckel, Ricarda Huch, Ellen Key, Käthe Kollwitz, Max Weber – die zugleich Mitglieder in Stöckers Mutterschutz-Bund waren. Aber auch Nicht-Mitglieder wie Albert Einstein, Gustav Landauer, Theodor Lessing, Romain Rolland oder Kurt Tucholsky publizierten dort.

Robert Josef Kozljanič, Dr. phil. M.A. (geb. 1966), studierte Philosophie, Psychologie, Ethnologie, Volkskunde, Germanistik. Er arbeitet u. a. als Dozent, Kursleiter, Autor und Verleger. Herausgeber der Reihe „Jahrbuch für Lebensphilosophie“. Mitarbeiter des Pädagogischen Instituts der Stadt München. Seit 2014 setzt er sich mehr und mehr für die Wiederentdeckung marginalisierter und vergessener Lebensphilosophinnen ein. Wichtigste diesbezügliche Publikationen: Lebensdenkerinnen: Liebe zum Denken – Praxis des Lebens – Weisheit der Liebe, hg. v. H. Bennent-Vahle, U. Gahlings u. R. J. Kozljanič  (Jahrbuch für Lebensphilosophie 7/2014-2015). Kritik und Therapie wissenschaftlicher Unvernunft – Hans Peter Duerr und Paul K. Feyerabend gewidmet, hg. v. J. Hasse u. R. J. Kozljanič (Jahrbuch für Lebensphilosophie 8/2016-2017). Väter, Mütter, Töchter und Söhne der Lebens(kunst)philosophie, hg. v. R. J. Kozljanič (Jahrbuch für Lebensphilosophie 9/2018-2019). Auf der Suche nach der verlorenen Lebendigkeit. Ein Briefdialog zwischen Rudolf Gaßenhuber und Robert Josef Kozljanič (Augsburg 2018  erscheint demnächst auf Englisch)


ISBN 978-3-937656-33-5 (Buch)

ISBN 978-3-937656-34-2 (E-Book)

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